Ein Vergrämer packt aus

Kürzlich geriet ich in die zweifelhafte Lage, das heute erscheinende Buch »Wenn ich was kann, dann nichts dafür« vor Veröffentlichung lesen können müssen wollen sollen zu dürften. Habe ich gemacht, weil der Autor niemand geringeres ist als meine alte Jugendliebe Jan-Uwe Fitz – ein Fitzbold vor dem Herren, kann ich Ihnen sagen.

Bereits nach der Lektüre der ersten etwa zehn Seiten verspürte ich ein diebisches Grinsen in meinem Gesicht. »Geil«, sagte ich mir. »Dich kriege ich dran wegen groben Unfugs, Freundchen!« Voller Vorfreude auf eine Abmahnung recherchierte ich kurzerhand den entsprechenden Paragraphen … und wurde enttäuscht. Unter § 118 OWiG zur »Belästigung der Allgemeinheit, alte Bezeichnung: Grober Unfug« fand ich zwar zahlreiche Beispielfälle wie Störung eines öffentlichen Gelöbnisses der Bundeswehr, das Verfassen von Facebook-Kommentaren oder die Nutzung von Segways zur Fortbewegung. Das Schreiben von Büchern scheint aber nicht den Straftatbestand der Ordnungswidrigkeit zu erfüllen. Schade.

Trotzdem las ich weiter und mir wurde klar, dass Jan-Uwe Fitz nur auf den ersten bis etwa siebzehnten Blick einen Gaga-Roman geschrieben hat. Tatsächlich entpuppt sich »Wenn ich was kann, …« als ein schonungsloser Report, der mit dem Traumberuf des Taubenvergrämens radikal aufräumt. Während die jungen Leute früher Schauspieler werden wollten, dann Werber, dann Drehbuchautoren oder Models, giert heute bekanntlich eine ganze Generation nach dem Trendberuf des Taubenvergrämens. Wer selbst Eltern Heranwachsender ist, kennt das: Ab dem Alter von elf, zwölf Jahren verwandelt sich das Kinderzimmer in eine einzige Postergalerie, vollgestopft mit Devotionalien und Fanartikeln der berühmtesten Super-Vergrämer unserer Zeit wie Jan-Uwe »die fiese Feder« Fitz, Jan-Uwe »Double-Knock« Fitz oder Jan-Uwe »The Täubchen« Fitz.

Aber jetzt geht’s dem hoffnungslos überromantisierten Ideal des Taubenvergrämens an den Kragen. Erleben Sie selbst die ungeschminkte Wahrheit eines hässlichen und entmenschten Alltags. Und zeigen Sie das Ihren Kindern! Hier eine Leseprobe:

Er schiebt mich zur Seite, geht auf die vollgefressene Taube zu, die sich vor Fettleibigkeit kaum mehr bewegen kann, und packt sie mit der rechten Hand am Hals. Dann hält er sie mir direkt vor die Nase. Sein Griff ist so fest, dass die Taube röchelt.
»Da!«, sagt er.
»Sie tun ihr weh.«
»Sie wollten sie doch vergrämen. Bitte schön. Hier ist sie. Ich habe sie für Sie gefangen. Bringen Sie sie nach Berlin.«
»Aber die fliegt mir doch bei der erstbesten Gelegenheit weg.«
Herr Menke verpasst der Taube eine Kopfnuss. Der Vogel sinkt bewusstlos in sich zusammen.
»So, jetzt nicht mehr«, sagt er und hält mir die Taube noch dichter vor die Nase.
»Ist sie tot?«, frage ich ängstlich.
»Nur bewusstlos. Sie können die Taube jetzt nach Berlin bringen. Aber beeilen Sie sich. Bevor sie aufwacht.«
»Und falls sie unterwegs aufwacht?«
»Dann ziehen Sie ihr wieder eine über.«
»Die ist doch ganz Matsche im Kopf, wenn wir Berlin erreichen.«
»Das ist die beste Voraussetzung, um in Berlin glücklich zu werden.«

Sehen Sie? Erschütternd! Und wer sich auf einen so heftigen Flirt mit der Wahrheit einlässt wie Jan-Uwe Fitz, der macht sich damit nicht nur Freunde. Wie schon mit seinem ersten Buch »Entschuldigen Sie meine Störung« teilt der Autor das Publikum in zwei sich bis aufs Blut bekämpfende Lager: Die einen wollen’s genau so und immer schön jan-uwig, die anderen hätten’s lieber etwas uwe-janiger. Tja, allen kann man’s nicht recht machen. Aber ich persönlich find’s geil.

Hier geht’s zum Buch. Und wer sich den Schlamassel live in Berlin, Basel, Köln, Nürnberg, München oder Wuppertal geben will, bitte sehr!

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