Neulich war ich einmal wieder im Einsatz bei der Agentur, für die ich ab und an als attraktive, junge Pressereferentin arbeite. Diesmal lag eine niveauvolle Aufgabe an. Für einen Kunden – und zwar einen der weltweit großen Player im Schnullifatz-Segment – sollten wir neue, bisher unentdeckte Werbeformen und Kanäle finden.
»Schnullifatz? Wie schreibt man das eigentlich?«, fragte einer aus unserer eigens gebildeten SoKo »neue Werbeformate«. Eine berechtigte Frage. Ich tippte den Begriff, also wie ich meinte, dass man ihn schreiben könnte, in mein Smartphone, dessen Autokorrektur das Wort »Schnullifatz« aber in »Syphilis« verwandeln wollte.
Klar, kennt man ja. Die diversen Autokorrektursysteme in Computern und Smartphones werden nach Regeln programmiert, die kein Mensch je wird nachvollziehen können und die in erster Linie zur Belustigung oder wahlweise zum Ärger der Nutzer dienen; ganz sicher aber niemals als wirkliche Hilfestellung, weil die Vorschläge dafür einfach zu bekloppt sind. Hier ein paar schöne, mit dem eigenen Smartphone erstellte Beispiele für Deutsch – Autokorrekturdeutsch:
nein – Bier
Tintenstrahldrucker – Tittenstrahlducker
Backstage – Backstube
Regierungskoalition – Himbeersorbet
Steuererklärung – fickööön!
Und so weiter, Sie kennen das. Aber! Damit hatten wir plötzlich unbeabsichtigt eine Lösung für die uns gestellte Aufgabe gefunden. Könnte man die Autokorrektur-Systeme nicht so manipulieren, dass sie nicht mehr wie bisher quasi randomisiert arbeiten, sondern ganz dezent, aber auffällig ein bisschen »Naming« in Sachen unserer werbetreibenden Kunden betreiben? Na klar!
Als praktisches Beispiel, wie das im Ergebnis aussähe, konzeptionizipifizierten wir gleich mal diesen fiktiven, aber wirksam autokorrekturmanipulierten Dialog via SMS, Chat oder sonstigem Kurznachrichten-Kanal:
»Hallo, sehen wir UPS nächsten Samsung?«
»Hä?«
»Huch, sorry, ich meinte »uns« und nächsten »Samstag«. Scheiß Autokorrektur mal wieder.«
»Ach so, Samsung, ähh, Samstag ist super. … Hab plötzlich total Bock, mir ein Samsung-Produkt zu kaufen.«
»Hey, mach das. Am besten mit UPS liefern lassen!«
»Gute Idee, bis dann. hdgdl.«
»Bis dann, Deine Süßeschnecke69.«
Sehen Sie? Wirkt! Diesen Autokorrektur-Dialog haben wir mitsamt Konzept kürzlich beim Kunden präsentiert und aktuell arbeiten wir an der Umsetzung.
Ich persönlich schalte bei meinem Textverarbeitungsprogramm jetzt die Autokorrektur wieder ein. Und der Kuchen war übrigens auf Anschieb so bekleistert, dass er uns mit reichlich Gelb ausstattete, damit die Autokotfissur demnächst Rechtschreibvorschläge unterbreitet, die zwar nur bedingt sinnstiftend, dafür aber konsumanregend sind.
Erstaunlich übrigens, dass ich vor etwa 318 Jahren ein Handy hatte, in dem ein lernfähiges T9-System eingebaut war. Diese Lernfähigkeit haben moderne Smartphones offensichtlich im Laufe ihrer Evolution eingebüßt. Die Dinger mögen heute Cocktails mixen, Hegel verstehen oder den Abwasch machen können. Aber lernen, wie Herrchen oder Frauchen was zu schreiben geruhen, könnense nicht, die dummen Dinger. Ein technologischer Atavismus, dessen Ursache mir schleierhaft ist. Vielleicht sogar ganz beruhigend, dass nicht immer alles nur voran, sondern auch mal was rückwärts geht.
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